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Aujeszky’sche Krankheit – Immer tödlich

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Nachsuchen, Sauenattacken, Belohnungshappen und Anschneiden von Schwarzwild: Alles Dinge, bei denen sich der vierläufige Jagdhelfer mit dem Virus infizieren kann. Doch wie groß ist die Gefahr und wie kann ich den Hund schützen?

 

Pseudowut
Drückjagden sind für Hunde gefährlich: Rasende Autos trotz Tempolimit, unvernünftige Schützen und wehrhafte Sauen. Hunde, die hart rangehen, haben ein besonders hohes Berufsrisiko. An eine andere Bedrohung wird selten gedacht, aber jeder Jäger hat es während der Jagdscheinausbildung gelernt: Die Aujeszky’sche Krankheit (AK). Eine tödliche Gefahr, die unsichtbar in den Sauen schlummert. Dagegen gibt es für Hunde aber keinen Schutz.
 
Furchtbares Leid
 
Der Krankheitsverlauf bei infizierten Hunden ist schrecklich. Haben sie sich mit dem SHV-1 (Suide Herpesvirus 1) angesteckt, fressen sie nicht mehr, erbrechen wiederholt oder würgen. Hinzu kommen starke Speichelbildung und Lefzen voller Geifer. Innerhalb weniger Stunden wird das Tier auffallend matt.
 
Aber es kann auch genau das Gegenteil eintreten: Der Hund erscheint ruhelos, läuft ziellos umher, legt sich ständig hin und steht gleich wieder auf. Der Gang wird immer unsicherer, der Hund schwankt, die Gliedmaßen bewegen sich zunehmend unkontrollierter. Der Gesichtsausdruck wird wirr und ängstlich, und die Körpertemperatur steigt bis zu 41 Grad.
 
Das häufigste Indiz für eine AK-Infektion ist der andauernde Juckreiz, meist einseitig am Kopf, besonders am Behang oder an der Nase. Dadurch wird die Haut bis aufs Fleisch aufgekratzt. Diese Stellen schwellen stark an. Einige Hunde winseln ängstlich, andere jaulen oder bellen. Wieder andere werden aggressiv.
 
Bald nach Ausbrechen der Krankheit wird die Atmung heftiger, die Hunde können sich nicht mehr vom Lager erheben und werden bewusstlos. Danach sterben sie innerhalb von 48 Stunden. Zuckungen, besonders im Bereich der Kopfmuskulatur, Stöhnen und ungleiche Pupillenerweiterung zeigen den nahen Tod an. Bis dahin sind die Nervenbahnen durch die Viren zerstört.
 
Stöberer aufgepasst!
 
Hunde sind für die Aujeszky’sche Krankheit besonders empfänglich. Sie verläuft unter tollwutähnlichen Erscheinungen, daher wird sie auch Pseudowut genannt. Die Infektion wird jedoch im Gegensatz zur Tollwut nicht durch Bisse auf andere Hunde oder Menschen übertragen.
 
Bei der Jagd, und besonders beim Stöbern, hat der Rüdemann seinen Vierläufer häufig nicht im Blick. Daher kann er sich nicht sicher sein, ob ein direkter Kontakt mit Sauen zustande kommt. Das sind Situationen, in denen sich der Hund unbemerkt anstecken kann, denn das Virus ist weit verbreitet. Wie viele Stämme des Suide  Herpesvirus 1 tatsächlich in den Wildschweinpopulationen Europas zirkulieren, ist unbekannt.
 
Trotz aller Gefahren sind die bestätigten Todesfälle von Jagdhunden durch die Aujeszky’sche Krankheit im Verhältnis zur Anzahl jagender Hunde gering. Wenn das Virus so stark in den Schwarzwildbeständen verbreitet ist und sich die Hunde so schnell anstecken, müssten eigentlich viel mehr erkranken. Dennoch können steigende Sauenbestände das Infektionsrisiko für Jagdhunde erhöhen.
 
Auch wenn kaum offizielle Angaben zum Vorkommen des AK-Virus außerhalb der Hausschweinezucht vorliegen, sollten die bestätigten Todesfälle von Jagdhunden für Jäger Grund genug sein, besonders gut auf ihre Vierläufer zu achten und keine unnötigen Risiken einzugehen.
 
Ansteckungsgefahr
 
1902 beschrieb erstmals der ungarische Tierarzt Aladár Aujeszky die nach ihm benannte Krankheit für Rind, Hund und Katze. Bis dahin wurde sie als Tollwut diagnostiziert.
 
Die AK ist bei Schweinen weltweit verbreitet. Bei nahezu allen Säugetieren verläuft die Infektion tödlich. Menschen und Unpaarhufer (zum Beispiel Pferd, Zebra, Esel) sind aber für das Virus nicht empfänglich. Daher braucht sich der Mensch beim Verzehr eines Mettbrötchens keine Sorgen zu machen.
 
Ähnlich wie bei der Tollwut, verbreitet sich das Virus ausgehend von der Eintrittsstelle nicht über die Blutbahn, sondern über das Nervensystem. Es verursacht Entzündungen der Nerven und des Gehirns und führt in jedem Fall zum Tod. Vor allem in den Schleimhäuten, den Geschlechtsteilen und dem zentralen Nervensystem setzen sich die Viren fest.
 
Ein Herpesvirus ist der Erreger der Aujeszky’schen Krankheit. Wie auch der Herpes an der Lippe des Menschen, schlummern die Viren im Körper, und die Krankheit bricht immer wieder aus. Das bedeutet, dass der infizierte Organismus ohne erkennbare Symptome krank ist. Nur im Endstadium ist bei jungen Sauen die Krankheit sichtbar.
 
So verhält es sich auch beim SHV-1 (Suide Herpesvirus 1), der tödlichen Gefahr für unsere Hunde. Gerade bei Stress können die Erreger aktiviert und die Viren vermehrt ausgeschieden werden – das trifft für die  Drückjagdsaison zu.
 
Bei Hunden, Katzen, Rindern und Schafen kommt es schnell zu einer Gehirn- und Rückenmarksentzündung mit Nervenschäden und starkem Juckreiz. Sind die Symptome erkennbar, ist es schon zu spät. Danach folgt unweigerlich der Tod. Alle diese „Endwirte“ scheiden zu keinem Zeitpunkt das Virus aus und müssen sich ausschließlich über das Schwein, in seltenen Fällen auch durch einen Rattenbiss, angesteckt haben.
 
Unter Schweinen ist die Übertragung auch durch Paarung möglich. Hunde stecken sich meist über die Maul- und Nasenschleimhäute an. Wird rohes Schweinefleisch verfüttert, besteht die Gefahr der Infektion. Auch geräucherte Produkte wie Salami, Schinken oder Trockenfleisch können das Virus in sich tragen.
 
Für eine Infektion des Hundes an Schwarzwild muss noch nicht einmal direkter Kontakt bestehen. Verschmutzte Gerätschaften oder dreckige Stiefel nach dem Aufbrechen reichen für die Übertragung aus. Also Vorsicht, wenn der Jagdhund die mit Schweiß beschmierten Gummistiefel ableckt.
 
Krankheitsverlauf
 
Erkrankte Ferkel bis zum Alter von einem Monat reagieren mit Krämpfen und unkoordinierten Bewegungen und gehen meist innerhalb weniger Tage ein. Sie sind die Hauptüberträger des Virus bei den Hausschweinen. Haben sie die ersten vier Wochen überlebt, so sind sie aus dem Gröbsten raus. Weitere Infektionen enden nicht mehr tödlich.
 
Diese Erkenntnisse aus der Hausschweinehaltung treffen wahrscheinlich auf Wildschweine auch zu, wobei sich beim Schwarzwild eigene Virenstämme gebildet haben. Sie sind aber problemlos auf Hausschweine übertragbar. Diese Viren verursachen aber dort weniger aggressive Formen der Krankheit, als die reinen  Hausschweinstämme.
 
In der Schweineproduktion führt die Seuche zu großen Verlusten. Die Ferkelsterblichkeit und die verminderte Gewichtszunahme der Mastschweine bedeuten erhebliche finanzielle Einbußen für die Erzeuger. Durch den gestörten Stoffwechsel müssen die Sauen bis zur Schlachtung länger gemästet werden. Die Gewinnspanne schrumpft.
 
Seuchenbekämpfung
 
Die Aujeszky’sche Krankheit ist eine anzeigepflichtige Tierseuche und wird weltweit registriert. Sie wird in vielen Ländern staatlich bekämpft. Die Schweinezuchtbetriebe werden durch regelmäßige Blutproben überwacht. Im Krankheitsfall werden die Betriebe gesperrt, im schlimmsten Fall die Bestände gekeult. Durch dieses Kontrollsystem ist die Krankheit bei der Schweinezucht und –haltung eingedämmt.
 
Für Hausschweine besteht die Möglichkeit einer Impfung. Diese wird in stark verseuchten Gebieten mit Erfolg angewandt. Allerdings schützt sie nur vor dem Ausbruch der Krankheit, nicht vor einer Infektion. Auch geimpfte Tiere können Viren in gesunde Populationen einschleppen.
 
Werden Hausschweine artgerecht mit Auslauf im Freien gehalten, so ist das Risiko einer Infektion durch Viren von Wildschweinen hoch. Wie viele Wildschweine die Viren in sich tragen, ist leider unbekannt. Es werden zwar vereinzelt Proben auf den AK-Virus untersucht, jedoch fehlt ein systematisches Monitoring. Dabei hätte sich dies während der Schweinepestuntersuchung angeboten. Eine bundesweite Erhebung von Daten wäre für alle Jäger und vor allem Hundeführer wünschenswert. Ohne solche Zahlen weiß niemand, wie groß das Risiko für den vierläufigen Jagdhelfer ist, wenn er an Schwarzwild eingesetzt wird.
 
 
Schutzmaßnahmen
 
Da es bis jetzt noch keine Impfung gibt und die Behandlung immer erfolglos ist, sollte vom Jagdhundeführer alle möglichen Vorkehrungen getroffen werden, um das Risiko einer Ansteckung zu mindern. Hierzu zählen:
 
• Kein rohes Schweinefleisch verfüttern
• Keine Räucherware wie Salami oder Schinken verfüttern
• Bei Krankheitsverdacht Wild entsorgen
• Keine Schlachtabfälle an den Luderplatz
• Aufbrüche tief vergraben
• Hunde weg von der Schwarzwildstrecke
• Stiefel nach dem Aufbrechen reinigen
• Standschützen sollten anschneidende Hunde energisch von erlegten Sauen vertreiben
 
Armin Liese
 


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